ULRIKE OTTINGER: TOTEM

Fotografien und Objekte

Salzburger Kunstverein: 07.07.–11.09.2005

TOTEM enthält Elemente der von Ottinger in San Antonio installierten Ausstellung FACES, FOUND OBJECTS, AND ROUGH RIDERS, Fotografien aus der Mongolei und das 1986 entstandene Europa-Totem, das 1987 im Tropenmuseum in Amsterdam erstmals ausgestellt wurde. Das über vier Meter hohe Zelt mit sechs geschlossenen und einer geöffneten Fläche zeigt Darstellungen des Mythos "Europa und der Stier" von der Antike bis zu den Vorläufern des Surrealismus sowie die Fotografie einer zeitgenössischen Schlachthausszene. Über mehrere Monate arbeitete Ottinger im Atelier ihres Freundes Wolf Vostell in Berlin an der Herstellung dieser "Re-Inszenierung eines archaischen Kulturortes", in dem, so Katharina Sykora, auch "ein Grundversprechen des Mythos (aufscheint), das sich aus der animistischen Vorstellung von der ausnahmslosen und ungeteilten Beseeltheit aller Dinge und Lebewesen ableitet."*

*Katharina Sykora, "Über die Vitalität der Mythen. Ulrike Ottingers Installation Europa und der Stier", in: Die Verführung der Europa, hg. von / ed. by Barbara Mundt, Berlin: Propyläen Verlag 1988

 

Auszug aus:
Ulrike Ottinger – Weltbilder, Görner, Veit; Lotz, Veit (Hg.), Verlag für moderne Kunst Nürnberg 2013

Eröffnung: 6. Juli 2005, 19 Uhr
Kunstgespräch: 9. August 2005, 18 Uhr
Zur Eröffnung sprach der Filmtheoretiker und Kunstkritiker Laurence Rickels (University of California, Santa Barbara)

Ulrike Ottinger - Filmretrospektive im Salzburger Filmkulturzentrum

DAS KINO von 6. bis 17. August 2005.

Ulrike Ottinger ist über eine Karriere als bildende Künstlerin (Malerei, Materialmontagen, Grafiken, Fotografie und Performance) in den frühen 1970er Jahren zum Film gekommen. Jedes ihrer Bilder „verweist auf etwas jenseits des Bildes selbst liegendes. Auf die vorgängige Realität, auf die zahllosen Bilder aus dem Repertoire der Kunst, auf Alltagskultur und Mythen, und auf den visuellen Kosmos ihres eigenen immer dichter werdenden Œuvres. In ihren Fotografien begegnen sich gefundene und erfundene Dinge. Sie bilden den Bereich, in denen Realität und Fiktion, die Vergangenheit und die Zukunft, der Wunsch und die Erfüllung einander transformieren.“ (Katharina Sykora, „Stills und Sessions“. In: Ulrike Ottinger, Berlin, Contemporary Fine Arts, 2001)

Für den Salzburger Kunstverein hat Ulrike Ottinger eine Ausstellung konzipiert, die sich mit dem Thema der Transformation beschäftigt.
Die Ausstellung vereinte Motive unterschiedlichster Kulturen und sozialer Kontexte, die um Todes- und Auferstehungsfaszination kreisen. Jenseits eines wissenschaftlich-ethnographischen Zugangs inszenierte die Künstlerin im Großen Saal des Salzburger Kunstvereins eine Zusammenschau ritueller Praktiken divergenter kultureller Herkunft. So hat die Künstlerin 1991 bei ihrem Besuch in der Taiga an Seancen weiblicher Schamanen teilgenommen und diese fotografisch und filmisch aufgenommen. Zudem sind Bilder aus dem Umfeld von San Antonio/Texas zu sehen, wo sie an Kirchenfesten und Charreadas teilgenommen und den Prozess der Hybridisierung der deutschen, spanischen, indianischen und anglo-amerikanischen Kultur untersucht hat. Spanische Osterprozessionen und die Dokumentation der von Frantisek Rindt in den 1870er Jahren aus menschlichen Knochen gestalteten Kapelle in Tschechien bildeten weitere Bestandteile der Schau. Diese Elemente wurden konterkariert und gebrochen durch inszenierte Fotografien aus den Kontexten ihrer Filme Freak Orlando und Dorian Gray im Spiegel der Boulevardpresse. Im Zentrum aber stand die Installation des Europa-Zelts, welches das Motiv des Raubes der Europa durch Zeus in der Verwandlung als Stier in unterschiedlichen künstlerischen Umsetzungen von der Antike bis zur klassischen Moderne durchspielt. Ulrike Ottinger ging es bei dieser Ausstellung nicht um eine Homogenisierung unterschiedlicher ritueller Praktiken, sondern um einen Zugang, der, wie Victor Segalen bereits im frühen 20. Jahrhundert in seinen „Schriften zum Exotismus“ anregte, jenseits einer Assimilierung auf eine Anerkennung kultureller Differenz zielt. Ottinger thematisiert existentielle Fragestellungen und ihre vielfältige Repräsentation und Brechung und stellt sich somit ihrer Verdrängung und Tabuisierung entgegen. Im August zeigte das Salzburger Filmkulturzentrum DAS KINO in Kooperation mit dem Salzburger Kunstverein eine Retrospektive von Ulrike Ottingers Filmen, die den Zeitraum von 1973 - 2004 umfassen wird. (Auszug aus Homepage Salzburger Kunstverein)

WERKE IN DER AUSSTELLUNG

Rauminstallation: Europa und der Stier (1987), Zelt-Objekt mit 6 verschieden gestalteten Seitenelementen, Pastellkreide, Öl und Acryl-Malerei, Fell und Fotografie und innen mit einer Assemblage aus blauer Seide, blauem Neondreieck, Zauberstab, Adlerfedern, bekrönt von einer goldenen Scheibe auf Halbmond-Hörnern, Schafshörnern und Wolle; Fotografien aus den Kontexten der Filme: Freak Orlando (1981), Dorian Gray im Spiegel der Boulevardpresse (1983), Taiga (1991/92); Präpariertes Hirschgeweih; Bildarchive (2004), Dia-Installation mit vier Projektoren und orientalischem Diwan; Assemblagen aus Objekten, kolorierten Fotos, Zeichnungen, Papier, Pappe, Holz, Stoff sowie Fotografien und dem Arbeitsbuch aus dem Kontext der Ausstellung FACES, FOUND OBJECTS, AND ROUGH RIDERS (2004).

 

Kuratorin: Hemma Schmutz
Ausstellungsansichten Totem Fotografien und Objekte Salzburger Kunstverein

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