Die Betörung der blauen Matrosen

Deutschland 1975, 16mm, Farbe, 50min

Ozeanien
Okkultes
Objektives
O Matrosen
O trostlose Frauen
O Dichter
O Schönheit
Film-Abc

Französisch-englisch-deutsch-russische Originalfassung
Fotos zum Film
Besetzung/Stab

Ein alter Vogel

Valeska Gert

Ein junger Vogel
Sirene
Hawaimädchen

Tabea Blumenschein

Matrosen

Rosa von Praunheim, Barry Tannenbaum

Matrose
Russische Stummfilmmutter

Jean Matelot

Amerikanischer Altstar

Wally Busch

Griechische Gott-Tunte

Peggy von Schnottgenberg (aka Frank Ripploh)

Nymphe der deutschen Romantik

Ulrike Ottinger

Ozeanische Transvestiten

Rolf Gärtner, Andreas Kelling

Hawaimädchen

Itti Janz

 

Buch / Regie

Ulrike Ottinger

Produzent

Helmut Wietz

Kamera

Ulrike Ottinger

Schnitt

Helmut Wietz

Kostüm /Maske

Tabea Blumenschein

 

Mit finanzieller Unterstützung von Irene Weitz und Adelheid Westphal

Premiere
25. Oktober 1975, Bali-Kino Berlin
in Frankreich: 28. Februar 1976, Cinémathèque Française, Paris

Festivals
9. Hofer Filmtage 1975
Filmfestspiele Berlin, Deutsche Reihe 1976
Bruxelles Filmfestival des Femmes 1977
Rotterdam 1978
Aperto 80 Biennale di Venezia  u.a.

Pressestimmen

Volker Baer, Der Tagesspiegel, 25.10.1975
Valeska Gert! Das macht neugierig: Das ist zugleich auch mehr: ein Versprechen!

Eric Oluf Jauch, Applaus, Magazin Nr. 1, Berlin, Jan. 1977
[…] BETÖRUNG übt eine subversive Kritik an unserer Gesellschaft. Der dargestellte Prozeß jeglicher Sterilisierung ist zwangsläufig, aber 'die Erinnerung an den Vogel hält die Utopie wach'. Und in der Tat: solange Streifen wie dieser entstehen können, ist die Zukunft noch keine beschlossene Sache […].

Helga Belach, Berliner Studentenzeitung, 2/1975
[…] die Stärke des Films liegt im Visuellen, und in den schönsten und dichtesten Sequenzen wurde der Text nicht denunziert, sondern integriert. Vögel sterben: der alte, gezauste (von Valeska Gert bewundernswert intensiv gespielt!) und der prächtig gefiederte (Tabea Blumenschein), Opfer eines kindlich-grausamen Wesens (Tabea B.), das spielerisch mit Federn und Muscheln, Stilett und Pfeil und Bogen Todesrituale zelebriert. Matrosen sterben, nachdem sie begierig durchs Fernglas geblickt. Einer entrinnt und vögelt mit goldenem Schwanz in einem Transvestitenpuff ein Südseemädchen; die Szene begleitet gemeines, penetrantes Lachen im Hintergrund. Den Mann spielt ein Mädchen (Tabea B.) mit frech aufgeschminktem Bärtchen: Lust kindlichen Theaterspiels, Lust des Sich-Verkleidens und -Verwandelns. Der Reiz liegt in der Vielschichtigkeit, sei es hier in der Burleske, sei es, wenn Schönheit ironisch im Kitsch zitiert wird […]: der Film gewinnt dann eine neue, eine poetische Dimension […].

Norbert Jochum, DIE ZEIT, 23.11.1979
[…] Die Sirene schreitet, violett gekleidet und mit einem eckigen Turban auf dem Kopf, durch den Wüstensand (die Wanderdüne auf Sylt, wo der Film in wenigen Wochen mit kleinstem Team gedreht wurde), und eine rhythmische Blendenvariation signalisiert das Verfließen von Zeit. Aber auch, wie sich später erweisen wird, den Herzschlag des Schicksals. Verweisen solche Techniken (die in abgewandelter Form wieder in Bildnis einer Trinkerin auftauchen) auf den Experimentalfilm, so gibt es andererseits auch Sequenzen, die die Collage zur filmischen Montage erweitern: Valeska Gert spielt den alten Vogel, und ihr Sterben wird, in einer Parallelmontage, begründet aus dem Tod des jungen Vogels. (Für diesen Film, sagt Ulrike Ottinger, hätten sie alle Federn gekauft, die in Berlin nur irgend zu finden waren. Und die trägt alle Tabea Blumenschein.) […]

Zum Weiterlesen

Zum Collageprinzip:
Im Collageprinzip überschneiden sich Bereiche und Zitate des kommerzialisierten Alltags und der Musik, die von Geräuschen, sakralen Gongs, über Hawaimusik, Schuricke-Melodien, Musette-Walzer bis zu birmesischen Gesängen und kultischen Ketchak-Rhythmen reicht, und der Sprache - literarischen Texten von Apollinaire, die auch schon das Zitatverfahren anwenden, Phrasen aus der Welt des amerikanischen Showbusiness (Hollywood-Altstar), Wehklagen einer russischen Stummfilmmutter gebrochen haben [...], treten die Satire, die Groteske, die Karikatur, der Clown und die Puppe auf; und es ist der tiefe Sinn dieser Ausdrucksformen, durch das Aufzeigen der Marionettenhaftigkeit, der Mechanisierung des Lebens, durch die scheinbare und wirkliche Erstarrung hindurch, uns ein anderes Leben vorstellen zu lassen. (Raoul Hausmann).
Aus dem Gespräch zwischen Ulrike Ottinger/ Tabea Blumenschein und Hanne Bergius

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